für online-medien zahlen? sicher nicht. habe ich mir auch lang gedacht. bis vor ein paar monaten.
was hat sich geändert? einerseits war ich knapp dran, mein einziges (papier-)zeitschriften-abo zu kündigen und habe mir überlegt, ob ich das möglicherweise frei werdene geld für andere (papier- oder online-)medien nutzen soll. andererseits (und wichtiger) ist mir verstärkt klar geworden, wieviele journalistische werke ich täglich online konsumiere und dass dieser journalismus, der mir persönlich und gesellschafts- wie demokratiepolitisch wichtig erscheint, finanziert werden muss, damit es ihn weiter geben kann – von freundlichen kommentaren und aufmunternden tweets können journalistInnen nicht leben.
momentan scheint sich kaum ein online-medium bzw. eine online-version eines mediums zu rechnen; wie auch. woher das geld kommen könnte? mehr werbung freut nur die ISPs und die adblock-anbieterInnen; presseförderung ist auch so eine sache; letztlich werden also wir leserInnen/seherInnen/hörerInnen in die tasche greifen müssen, wenn uns so etwas wie unabhängiger qualitätsjournalismus etwas wert ist. sonst wirds den immer weniger geben. wäre doch mehr als schade.
für online-medien bezahlen also. nur: so wie das heute funktioniert wird das nix. warum: wenn ich in 2 dutzend online-medien jeweils eine handvoll artikel lesen will, schließe ich sicher keine 24 abos zu apothekerInnen-preisen parallel ab und melde mich dafür bei allen möglichen medien oder aggregatplattformen oder zahlungsdienstleisterInnen separat an, damit ich mich dann auf dutzenden websites getrennt einloggen kann. völlig unbrauchbar.
wie kann das bezahlen von journalistischen werken online funktionieren? ein vorschlag.
zahlen pro artikel.
auch wenn das verlage nicht gerne hören: ich habe kein interesse an einem abo von tageszeitung X und wochenzeitschrift Y. ich will einzelne interessante artikel lesen, egal was im URL steht und welches logo in der kopfzeile pappt.
micro-payment.
ich will kein all-in-one-abo für alle texte/sendungen eines mediums, das ich nie ausnutze, sondern genau dafür zahlen, was ich lese/sehe/höre. dann wann ich es lese/sehe/höre. also kleine beträge (die müssten wohl im niedrigen einstelligen cent-bereich liegen, wenn ich meinen konsum übers jahr hochrechne) und direkt bei der nutzung.
abwicklung auf den eigenen seiten.
dieses micro-payment muss direkt auf den websites der medien stattfinden, ich habe kein interesse daran, mich in den goldenen käfig eines dritten zu begeben (blendle, I'm looking at you). und warum sollten medien die kontrolle über ihre seiten und ihre server abgeben wollen (mit facebooks "instant articles" z.b.)?
einheitliche abwicklung der zahlungen.
das bezahlsystem muss auf allen websites funktionieren. gleich. mit einer übergreifenden anmeldung und einem konto zum auf-/abbuchen. – diese paywall- und zahlungssoftware wird noch zu programmieren sein; flattr geht als idee in diese richtung (ist allerdings für freiwillige zahlungen in variabler höhe gedacht).
offenes protokoll, mehrere anbieter.
wenn wir dem inhalteanbieter-silo entgangen sind durch bezahlung direkt auf den medienwebsites gilt es noch die zweite klippe zu umschiffen: auch beim bezahlsystem darf es kein monopol geben, daher braucht es hier offene protokolle, die ein vernetztes system erlauben. – d.h. mit dem einen button auf der zeitungswebsite bezahle ich via zahlungsanbieter X und die nächste via anbieterin Y, die kommunikation/zahlungsflüsse medienwebsite → zahlungsanbieter und zahlungsanbieter → medium laufen über standardisierte protokolle (think: email; so wie das netz vor den walled gardens von facebook und co. eben funktioniert hat).
verbreitung.
dieses konzept ergibt natürlich nur dann wirklich sinn, wenn möglichst viele medien dabei mitmachen. wobei durch den micro-payment-per-article-charakter auch ein paar einmal starten können.
wo sind sie, die modernen medien, die (gemeinsam?!) ein derartiges system entwickeln? der europäischen medienlandschaft tät's gut. und mein geld liegt bereit.
nachtrag 1
frank rieger und thorsten schröder kommen bei ihrem talk bzw. interview auf der re:publica, vom thema malvertising (auslieferung von schadsoftware über werbenetzerke) her kommend und auf der suche nach alternativen zu online-werbung, zu ähnlichen ideen zur finanzierung von online-medien. auch sie denken ein einheitliches anbieterübergreifendes micropayment-system mit beträgen im niedrigen einstelligen cent-bereich pro artikel an. anders und interessant ist ihre idee, die zahlungsabwicklung über eine nicht-profitorientierte genossenschaft der verlage abzuwickeln. nachzusehen im talk ab minute 51:11 bzw. im interview ab minute 7:33.
nachtrag 2
rms fordert im guardian: publishers that charge for access should offer the option to pay a small amount anonymously to get an individual story und verweist darauf, dass das GNU-projekt und INRIA+TU München ein anonymes bezahlsystem namens GNU Taler entwickeln. das klingt schon sehr nach dem system, das ich weiter oben skizziert habe. und die exchanges könnten von den von frank und thorsten angedachten genossenschaften betrieben werden.