ob die politikwissenschaft es "digital cleavage" nennt, was wir momentan beobachten? mag sein, ich bin da wohl schon zu weit weg; unpassend wäre es jedenfalls nicht.

dass "das netz" an den überkommenen politischen und damit macht-strukturen rüttelt, ist nicht zu übersehen. nicht nur die herrschenden politischen eliten, auch unhinterfragte konzepte wie der gute (?) alte nationalstaat werden bedroht.

ein paar interessante fundstücke dazu:

  • "Net Tribes": der elektrische reporter hat in seiner rubrik "Uebermorgen.TV" (ab 07:50) eine interessante utopie zum wechsel von digitalen communities ins "real life", incl. schmankerl wie "warum sollen wir dem nationalstaat steuern zahlen?" -- die idee, dass gemeinschaften stärkere bindungen haben als der gemeinsame reisepass, ist an sich nicht neu, aber im digitalen zeitalter bekommt er eine andere dimension.
  • kris köhntopp beklagt, im "falschen jahrtausend" zu leben und schildert recht anschaulich den tiefen spalt zwischen sich selbst ("Ich lebe online. ... Das ist die Welt, in der ich existiere ... Ich bin kein Einzelfall. Alle Leute die ich kenne leben auch so, mehr oder weniger. Und deren Freunde auch.") und den - äh - vertreterInnen des letzten jahrtausends.
  • manfred faßler spricht von "hegemoniekonflikten" zwischen den klassischen (staatlichen) politischen institutionen (die er als "auslaufmodell" bezeichnet) und den neuen vernetzten globalen organisationsstrukturen.

gewinnt der nationalstaat dieses rückzugsgefecht?


nachtrag: "cleavage" kommt im zusammenhang mit digitalen medien auch 2011 in politologischen antrittsvorlesungen durchaus noch vor (hervorhebung von mir):

doch die politische Dimension der Trojaner-Debatte zeichnet sich bereits jetzt ab. Nicht allein der tatsächliche Einsatz solcher Überwachungstechnologien wird sich auf das Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Bürger auswirken. Die unsichere, uninformierte Diskussion durch Entscheidungsträger zeugt von einer Ratlosigkeit der Politik, die schlechte Entscheidungen zur Folge hat, die in ethisch mehr als fragwürdiger Behördentätigkeit münden.

Die konkreteren Folgen davon kündigen sich mit Blick auf die Aufmerksamkeitserfolge der Piratenpartei an – die Fragen der öffentlichen und privaten Mediennutzung gehen immer häufiger über die Tagesaktualität hinaus. Wenn sie tatsächlich zu einem neuen cleavage werden, dann könnten die Folgen für die politische Landschaft erheblich sein.

Für die Parteienlandschaft sind sie es jetzt schon.